Helfen, aber wie?
Tipps
Sehen, aber anders
Im Gespräch mit einem blinden Menschen haben viele Leute bei den Wörtern „sehen, betrachten“ oder „blind“ Hemmungen. Das ist kein Problem. Blinde verwenden auch das Wort „sehen“ oder ähnliche Wörter in der Bedeutung von hören, riechen, tasten oder berühren. Sie können daher ohne Hemmung zu einem Blinden sagen: „Wollen Sie sich das ansehen?“, während Sie ihm den Gegenstand in die Hand legen. Und bitte: Blinde oder Sehbehinderte sind nicht taub.
Sehbehinderung ist nicht gleich Sehbehinderung. Es gibt unzählige Diagnosen mit unzähligen Ausformungen. So sehen Menschen mit derselben Diagnose trotzdem unterschiedlich, da der Fortschritt der Augenerkrankung nicht immer gleich ist. So kann das Sehfeld durch Verzerrungen, extreme Unschärfen, schwarze Flecken stark eingegrenzt sein und trotzdem kann die Uhrzeit oder das Handy bedient werden. Meist sind das auch spezielle Geräte, die unter die große Gruppe der Hilfsmittel für blinde und sehbehinderte Menschen fallen. Die Palette ist groß, von der sprechenden Uhr bis zum hochwertigen Monitorlesegerät. Lassen Sie sich davon nicht irritieren, wenn eine seheingeschränkte Person Sie um Hilfe bittet und gleich danach auf das Handy schaut. Vielleicht ist genau das noch möglich.
Kennzeichnung
Blinde und seheingeschränkte Menschen müssen sich aus verschiedenen Gründen kennzeichnen. Meist mit einer Armbinde oder Ansteckplakette mit dem typischen Blindensymbol – gelber Hintergrund mit drei schwarzen Punkten als Dreieck angeordnet. Bei den Blindenlangstöcken gibt es verschiedene Modelle. Der Stock dient dazu Bodenbeschaffenheit, Straßenkanten, Stufen und Hindernisse rechtzeitig zu erkennen. Das Echo des Stockes bringt ebenso wertvolle Informationen für den blinden und seheingeschränkten Menschen. Dunkle Brillen werden aus Gründen der hohen Lichtempfindlichkeit und Ästhetik getragen. So sind Fehlstellungen der Augen nicht sofort ersichtlich. Außerdem kann die Brille als modisches Accessoire genutzt werden.
Wo ist da, wo ist dort?
Wenn Sie einem Blinden etwas zeigen, sagen Sie niemals „da“ oder „dort“, indem Sie in eine entsprechende Richtung weisen. Sagen Sie besser „Vor Ihnen steht ein Sessel, ein kleiner Tisch befindet sich einen Meter hinter Ihnen“ oder „Ungefähr 10 Meter vor Ihnen links lehnt ein Fahrrad an der Mauer“. Beim Servieren von Speisen und Getränken bitte darauf hinweisen, wo sich Teller, Besteck, Glas oder Tasse befinden. Auch die Lage der Speisen auf dem Teller ist wichtig. Dazu hat sich das Uhrsystem bewährt. Blinde Menschen stellen sich den Tisch wie das Ziffernblatt einer Uhr vor. So genügt es zu sagen: „Auf 2 Uhr befindet sich das Glas. Auf 3 Uhr das Fleisch, auf 6 Uhr das Gemüse und zwischen 9 und 12 Uhr die Kartoffeln“. Auswahlmöglichkeiten oder der Hinweis auf Tagesgerichte, Angebote etc. helfen.
Begrüßung
Sie wollen der sehbehinderten oder blinden Person Unterstützung anbieten? Fragen Sie, ob diese auch erwünscht ist. Für Blinde ist es wichtig, selbst zu entscheiden. Daher geben wir Sehenden die Hand nur, wenn es die blinde Person andeutet. Kennen wir die blinde Person, bitte keine Rätselspiele beim Ansprechen oder Vorstellen. Manchmal kann das an und für sich gute Stimmengedächtnis durch viele Sinneseindrücke oder durch selten gehörte Stimmen getrübt sein. Sagen Sie daher einfach: „Guten Tag, Frau Maier, ich bin Josef Müller.“
Treppen, Gehsteige
Bei Gehsteige genügt der Hinweis „hinauf“ bzw. „hinunter“. Bei Treppen kommt die Information zu erster und letzter Stufe dazu. Geben Sie diese aber nur dann, wenn die Gehsteigkante oder die Treppe innerhalb des nächsten Schrittes liegt und nicht zu früh oder zu spät. Wenn gewünscht, zeigen Sie dem Blinden oder Sehbehindertem den Handlauf, indem Sie seine freie Hand darauflegen. Ein Abzählen der Stufen ist nicht nötig. Bitte informieren sie deutlich, ob es sich um eine Treppe oder eine Rolltreppe handelt. Beim Benützen einer Rolltreppe legen Sie, wenn möglich eine Hand des Sehbehinderten auf den mitfahrenden Handlauf.
Führen Sie öfters denselben Blinden, so benützen Sie am besten ein vereinbartes Zeichen (z. B. leichtes Drücken des Armes). Es ist nicht notwendig den Sehbehinderten anzuhalten, um ihn den Gehsteigrand mit dem weißen Stock ertasten zu lassen.
Überqueren von Straßen
Die goldene Regel, einem Sehbehinderten nur mit dessen Einverständnis zu helfen, gilt auch besonders beim Überqueren von Straßen. Teilen Sie ihr Handeln vorher immer mit, ansonsten kann es zu unbehaglichen Situationen für beide Seiten kommen. Falls Hilfe nötig ist, bieten Sie ihren Arm an. Der Blinde oder Seheingeschränkte wird sich bei Ihnen knapp oberhalb des Ellbogens festhalten. So können sie beide sicher und zügig die Straße überqueren. Achten Sie darauf Gehsteigkanten anzukündigen.
Gespräche
Bei Straßenlärm, in einem lauten Lokal oder im Stimmengewirr vieler Menschen ist es unmöglich zu wissen, ob der Gesprächspartner noch da ist. Geben Sie daher Ihrem blinden Gesprächspartner immer zu verstehen, wenn Sie sich entfernen und machen Sie sich auch bemerkbar, wenn Sie zurückkommen. Nur eine gesprochene Antwort kann verstanden werden. Ein noch so nettes Lächeln, ein Kopfnicken, ein Winken nützen nichts.
Pünktlichkeit
Termine bitte pünktlich wahrnehmen. Müssen blinde oder sehbehinderte Menschen warten, werden Minuten zu halben Ewigkeiten und erscheinen endlos. Manche Betroffene werden durch das Warten extrem verunsichert.
Ordnung
Ordnung bedeutet mehr als jedes Ding hat seinen bestimmten Platz. Es bedeutet auch, jedes Ding muss an den Platz wieder zurück. Das bezieht sich auf alles, ob in der privaten Wohnung als auch auf den Arbeitsplatz. Nur dies garantiert dem Blinden Selbstständigkeit. Das ist von größter Wichtigkeit, vor allem für jene, die allein wohnen, reisen oder berufstätig sind. Alle Arten von Türen, wie Haus, Zimmer oder Schranktüren müssen entweder ganz offen oder geschlossen sein. Halb offene Türen können für Blinde zu einem gefährlichen Hindernis werden.